Sága

Sága, ohne Titel und ohne weitere Namen, gehört zu acht konventionell etablierten Priesterinnen Andraias. Allgemeinhin gilt sie als bedacht und zurückhaltend, aber ebenso als manipulativ, berechnend und ungesund ehrgeizig. Ihre eigenen Ambitionen scheinen über ihren Verpflichtungen als Priesterin und damit Heilerin zu stehen. Woher und aus welchen Verhältnissen sie ursprünglich stammt, ist nicht bekannt, allerdings haben ihre eigene Spitzfindigkeit und Umtriebigkeit längst dafür gesorgt, das eine ganze Menge Gerüchte über sie die Runde machen und sogar noch selbst von ihr geschürt werden.

 

Besonders populär sind hierbei die verschiedensten Geschichten darüber, wie sie in den Dienst der Erdmutter gekommen sein soll...

 

Am weitesten verbreitet ist die Ansicht Sága seil die älteste Tochter eines vom Pech verfolgten Großbauern namens Jarne aus Hohenwacht gewesen. Nach dieser Geschichte hatte sich der Vater, frustriert von heftigen Missernten und geplagt von wachsenden Schuldenbergen und mehreren Fehlgeburten seiner Frau, entschlossen, die Tochter mit zu dem nächsten Heiligtum Andraias zu nehmen, jedoch nicht um nach der Sitte Ernteüberreste oder erlegtes Wild zu opfern, sondern um zu verlangen, das Blut des Kindes gegen einen kräftigeren Erben und wieder fruchtbares Land zu tauschen. Das rabiate Ansuchen wurde abgelehnt - der Bauer mit der Warnung davongejagt, dass Andraia ihm alles nehmen würde, würde er nicht Demut und Dankbarkeit für was, was er besitze, erlernen. Jarne, blind in seiner vermeintlichen Ausweglosigkeit, wollte sich allerdings nicht damit abfinden, einfach mit einer Belehrung fortgeschickt zu werden und fasste den Entschluss das vollendete Blutopfer selbst durchzuführen, selbst wenn ebendas bei schwerster Strafe verboten war. Noch am selben Abend, wollte er den Segen der Göttin mit Gewalt zurückerbitten und wurde mit Gewalt daran gehindert. Angeblich soll es nicht nur eine Bärin, sondern Andraias Gesandte Born gewesen sein, die den Unbelehrbaren riss und an seiner Tat hinderte, um die junge Sága zurück zum Heiligtum zu treiben, wo sie Aufnahme fand und der amtierenden Priesterin zuerst diente und schließlich ihre Nachfolge antrat.

 

Ein gewaltiges Selbstbewusstsein und die Vorstellung ganz direkt zu höherem auserwählt zu sein stecken hinter dieser Geschichte, aber genauso gibt es genug Verstreute, die hinter hervorgehaltener Hand tuscheln, sie wäre erfundener Unfug, um sich selbst mehr Wichtigkeit zu verlangen, wie die auffälligen Blutopfernarben im Gesicht. Ihr Vater, kein Bauer, sondern ein verarmter Ritter, habe sie ganz gezielt in den Dienst Andraias gestellt, um so ein paar Ausschweifungen wieder gutzumachen und lebe noch heute mit einer großen, nicht vorzeigbaren Familie in Hohenwacht, sagen die einen, während wieder andere auch schon behauptet haben sie stamme gar nicht aus Falkenberg, sei nicht einmal mit dem Glauben an Andossus und Andraia aufgewachsen, sondern aus einer angrenzenden Grafschaft und habe sich regelrecht eingeschlichen, um heimlich Macht und schleichenden Einfluss zu gewinnen. Nicht einmal ihre Vorgängerin zu vergiften, habe sie abgeschreckt, als diese sich als unbequem erwies...

 

Fragt man die Priesterin selbst, was die Wahrheitseit, so erntet man meistens nur ein mildes Lächeln und kryptische Äußerungen dazu, was der Unterschied zwischen Lüge, Wahrheit, Kreativität und Verrat sein könnte.

 

Was Fakt ist, ist dass Sága tatsächlich auffällig umtriebig für eine Priesterin Andraias ist, die normalerweise stets an einem Heiligtum verweilen und allenfalls regelmäßig zum Steinkreis am Mutterquell im Zentrum der Grafschaft oder in die umliegenden Dörfer pilgern. Es ist zwar in keinem Edikt oder Gesetz festgelegt, aber normalerweise beteiligen sich die grauen Priesterinnen nicht an der Politik oder am höfischen Leben, es sei denn sie werden bei Krankheiten oder Geburten um Hilfe gebeten und eingeladen. Einfachheit und Abgeschiedenheit sind für Sága entsprechend stumme Gesetze, die sich nicht wehren können und auch von niemandem durchgesetzt werden, aber ironischerweise gehört das zu den Dingen, die sie ändern möchte. Es ist ein offenes Geheimnis, dass sie nicht nur den Einheitsgedanken der Religion in Falkenberg vertritt, sondern auch bestrebt ist, sich weiter aufzuschwingen und auch dem Kult Andraias irgendwann mehr Struktur zu verschaffen. Momentan noch kein besonders greifbares Ziel, aber wenigstens verspricht die Loyalität zum Grafen und ihre wachsenden Beziehungen zu den Baronien sich in dieser unsicheren Zeit für das ganze Land irgendwann noch auszuzahlen.